Superfoods sind in aller Munde – und das wortwörtlich! Produkte wie Avocado, Quinoa und Chiasamen haben es längst vom Reformhaus ins Müsli und auf die Speisekarten geschafft. Selbst Discounter bieten inzwischen eine grosse Auswahl an diesen „Wunder-Lebensmitteln“. Doch was bedeutet dieser Boom eigentlich für die Umwelt und für uns?


Laut Definition sind Superfoods nährstoffreiche Lebensmittel (jedoch ohne genaue Definition), die als besonders gesund gelten. Häufig stammen sie aus fernen Ländern, da sie in Europa nicht heimisch sind. Doch die hohe Nachfrage nach diesen Produkten hat weitreichende Konsequenzen für die Anbaugebiete und ihre Bewohner. Ein genauerer Blick auf beliebte Superfoods und ihre einheimischen Alternativen zeigt, warum es sich lohnt, den Hype kritisch zu hinterfragen.

 

 

Quinoa: Vom Anden-Korn zum Exportschlager

 

In den letzten Jahren ist der Quinoa-Konsum weltweit regelrecht explodiert, was zu enormen Preissteigerungen geführt hat. Zwischen 2009 und 2013 hat sich der Preis des Pseudogetreides sogar verzehnfacht! Die Nachfrage hat dem Grossteil der Anbaugebiete in Peru und Bolivien zu wirtschaftlichem Aufschwung verholfen. Doch dieser Boom hat auch Schattenseiten: Das Land, das einst für den Anbau lokaler Grundnahrungsmittel genutzt wurde, steht nun fast ausschliesslich für den Quinoa-Anbau zur Verfügung. Die Folgen sind gravierend: Die Preise für Grundnahrungsmittel steigen, was für die Bevölkerung vor Ort zu einer Belastung wird.


Einheimische Alternative: Hirse
Statt Quinoa ist auch Hirse ein nährstoffreiches Pseudogetreide, das in Europa angebaut wird. Mit ähnlich hohem Eiweissgehalt und doppelt so viel Eisen ist Hirse nicht nur gesund, sondern auch umweltschonender und kostengünstiger.

Chiasamen: Trendzutat mit Nebenwirkungen

 

Chiasamen haben sich in kürzester Zeit als beliebtes Superfood in Europa etabliert. Die Nachfrage nach diesen Samen, die vor allem in Südamerika angebaut werden, ist so stark gestiegen, dass sich die Anbauflächen in wenigen Jahren drastisch vergrössert haben. Dies führt nicht nur zu einer Überbeanspruchung der Böden, sondern auch dazu, dass minderwertige oder gefälschte Produkte auf den Markt kommen. Zudem liegen Bio-Anbauflächen oft neben konventionellen Feldern, wodurch Pestizide leicht auf die Bio-Produkte gelangen können. Dennoch bleiben Bio-Chiasamen die bessere Wahl, wenn man zu dieser Superfood-Variante greift.


Einheimische Alternative: Leinsamen
Leinsamen bieten eine ähnliche Zusammensetzung wie Chiasamen, sind reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen und stammen meist aus regionalem Anbau. Sie sind eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative.

Avocado: Beliebtes Superfood mit grossem Wasserverbrauch

 

Die Avocado hat sich zu einem der gefragtesten Superfoods entwickelt, vor allem in Europa und den USA. Doch diese Nachfrage hat ihren Preis. Der Anbau von Avocados benötigt riesige Wassermengen – für ein Kilogramm Avocados werden etwa 1.000 Liter Wasser verbraucht! Zum Vergleich: Für ein Kilogramm Kartoffeln, angebaut unter normalen Regenbedingungen in der Schweiz, braucht es nur 8 Liter Wasser. In Anbauländern wie Mexiko und Chile hat der Avocado-Boom ausserdem zur Rodung von Wäldern geführt, um Platz für Plantagen zu schaffen.

Einheimische Alternative: Walnüsse
Walnüsse enthalten ebenso gesunde Fette und Antioxidantien und sind eine nachhaltigere Wahl. Zwar sind sie in der Küche nicht so vielseitig einsetzbar wie Avocados, doch liefern sie wertvolle Nährstoffe und schonen die Umwelt.

Goji-Beeren, Granatapfel und Co. – Brauchen wir exotische Superfoods?

 

Viele weitere Superfoods wie Gojibeeren, Granatäpfel oder Moringa haben sich als nährstoffreiche Lebensmittel etabliert und gelten als „Wunderwaffen“ gegen freie Radikale und andere Gesundheitsrisiken. Doch es gibt oft einheimische Alternativen, die vergleichbare Vorteile bieten – und dabei umweltfreundlicher sind.

  • Heidelbeeren statt Goji-Beeren: Diese regionalen Beeren sind reich an Antioxidantien und Vitaminen und liefern ähnliche Nährstoffe wie Goji-Beeren. Vor allem im Sommer sind sie frisch und kalorienarm erhältlich.

  • Grünkohl statt Granatapfel: Grünkohl ist eine Vitaminbombe und enthält eine Vielzahl an Antioxidantien. Er ist eine günstige, heimische Alternative, die auch in gefrorener Form erhältlich ist.

  • Brokkoli statt Moringa: Brokkoli enthält zahlreiche Vitamine und Mineralstoffe und kann fast ganzjährig in hoher Qualität gekauft werden. Er hat vor allem beim Vitamin-K-Gehalt die Nase vorn.

  • Rapsöl statt Kokosöl: Rapsöl ist reich an ungesättigten Fettsäuren und hat eine ausgezeichnete Zusammensetzung für die Gesundheit. Auch Leinöl und Olivenöl sind heimische Alternativen mit hervorragenden Nährwerten.

  • Sanddorn statt Acerola: Sanddorn enthält eine hohe Menge an Vitamin C und wächst in vielen Regionen Europas. Auch wenn der Vitamin-C-Gehalt etwas niedriger ist als bei Acerola, ist er immer noch sehr hoch und gesundheitsförderlich.

Fazit: Nachhaltigkeit geht vor – Superfoods aus der Region

 

Superfoods aus Übersee bieten zweifellos gesundheitliche Vorteile, aber sie kommen oft mit einem hohen Preis für die Umwelt. Die lange Reise und die intensiven Anbauverfahren haben Auswirkungen, die sich nicht immer mit einem nachhaltigen Lebensstil vereinbaren lassen. Glücklicherweise bieten auch heimische Lebensmittel zahlreiche Nährstoffe und gesundheitliche Vorteile, die den exotischen Superfoods in nichts nachstehen.

Wer also gezielt einkauft und auf regionale Alternativen setzt, kann seiner Gesundheit etwas Gutes tun und gleichzeitig den ökologischen Fussabdruck verringern. Denn manchmal steckt die wahre „Superkraft“ in Altbewährtem – und das ohne grossen Aufwand für Umwelt und Klima.

 

 

von Laura Müdespacher